Montag, 23. April 2007

Beitrag im Psychiatrienetz 2005

Hier noch einen Link zu einem Beitrag im Psychiatrienetz

http://www.psychiatrie.de/kreatives/texte/article/michael_psychose.html

Diesen Beitrag verfasste ich 2001 für einen Schreibwettbewerb, der VIP "Verein für Information in der Psychiatrie und Psychotherapie
.
Er stellt ziemlich deutlich das psychotische Erleben an sich da.

Sicherlich auch für Fachleute und angehende Psychiater mal lesenswert. Stimmen hören, damit können die meisten Mitmenschen nicht viel anfangen.

Hier auf meiner Seite können sie lesen was damit wirklich gemeint ist.

Viel Spass beim lesen und denken sie auch einmal daran. Auch ihnen kann es so ergehen, wie mir 1986.

Alle Namen in dem Beitrag wurden geändert. Aber die handelten Personen dürften sich beimlesen erkennen.

Mittwoch, 4. April 2007

Stimmen im Wind die so ....

Stimmen im Wind, Autor Michael Holzer

Die Regentropfen liefen über seine Brillengläsern. Er lief den Hüttenberg runter Unruhe und Angst trieb ihn. Seit Tagen war er wie auf der Flucht getrieben vor angst. „ Lauf Markus lauf, es nützt dir nichts. Wir bekommen dich doch noch, du hast keine Chance“. Er setzte einen Schritt vor den anderen. Er war naß bis auf die Haut, vereinzelt traf er auf Menschen die wie er auch bei diesem Sauwetter unterwegs waren. Sie kamen wahrscheinlich von ihrer Arbeit und setzen sich gleich an den Abendbrottisch oder vor den Fernseher. Markus würde heute abend nichts mehr dergleichen tun. Vielleicht nie mehr.

Vor ein paar Monaten hatte es begonnen, zu diesem Zeitpunkt war er noch ein Lebenslustiger Mensch, nicht gerade besonders beliebt oder gesellig, Nein das war er mit seinen zweiundzwanzig Jahren nie gewesen. Er glänzte mehr mit seinem Wissen, als mit seinem Auftreten. Seine langen Haare war noch ein Relikt der siebziger, nun schrieb man das Jahr 1985. In ein paar Wochen war Weihnachten. Die Geschäfte hatten ihre Schaufenster schon geschmückt. Weihnachtslieder erklangen hier und da, aus versteckten Lautsprechern.
Er hatte nie seine Ausbildung, als Elektriker fertig gemacht, nach seiner Schulzeit fing er eine Ausbildung in einem kleinen Betrieb an, nach ein paar Monaten schmiß er die Stelle. Auf Fragen warum er so gehandelt habe, gab er keine Antwort. Warum auch, ging doch keinen was an, oder?.
Der zuständige Sachbearbeiter vom Arbeitsamt dachte anders darüber und verweigerte die Zahlung von Geldern.
Markus jobbte, schwarz, "Rot wählen, Grün denken, schwarz arbeiten“ war für ihn nicht nur ein Spruch. Trotzdem war er wegen seiner finanziellen angespannten Lage, gezwungen auf das Sozialamt zu gehen.
Dieses bot ihm eine Stelle, als gemeinnütziger Arbeiter auf dem alten Städtischen Friedhof an. "Wenn sie sich anständig verhalten können wir ihnen vielleicht eine ABM-Stelle geben, dann hätten sie dadurch die Chance auf eine Arbeitsstelle am ersten Arbeitsmarkt“ stellte ihm die Mitarbeiterin des Sozialamtes freundlich in Aussicht.
Markus machte die Arbeit auf dem Friedhof sogar Spaß. Er war viel an der frischen Luft, es kam auch nicht so auf Genauigkeit an. Toleranzen mußt er hier nicht beachten. Die gesunde Hautfarbe bekam er auch noch umsonst. Wenn ihn seine Freunde Freitagsabends im Keglerheim, auf seine Arbeit ansprachen sagte er immer zum Vergnügen aller.“ Von meinen Kunden hat sich noch keiner beschwert“. Irgendeiner war immer drunter der auf Markus Gerede reinfiel. „Wo arbeitest du denn? . „Auf dem Friedhof, wo sonst hast du heute noch solche pflegeleichte Kunden“ antwortete Markus trocken. “Ich habe halt eine Menge Leute unter mir“, setzte er noch einen drauf.
Ganz so lustig ging es aber auf seiner Arbeitsstelle nicht zu. Die Festangestellten konnten ihm schon das Leben schwer machen. Markus war nicht der einzige Arbeiter der vom Sozialamt dort hin verwissen war, Insgesamt waren zehn Leute als gemeinnützige Arbeiter dort beschäftigt. Richtig zum Team gehörte keiner von ihnen. Anfangs wurde jeder kritisch begutachtet, war man pünktlich, machte man seine Arbeit ordentlich?. Hatte man Fehlschichten.
Rasenmähen zwischen den Gräbern, kehren, Blumen pflanzen all dies gehörten mit zu den Aufgaben. Die Blumenbeete in der Innenstadt pflegen und bei heißem Wetter wässern. Bestattungen fanden nur noch selten auf dem Friedhof statt. Nur wer noch eine alte Grabstätte dort besahst konnte noch dort bestattet werden. Das waren nicht mehr all zu viele.

„Ich habe das Gefühl, als wenn der wieder raus will“ sagte Werner, und warf noch eine Schaufel Erde in das Grab. Mit einem dumpfen Ton schlug die Erde auf dem Sarg aus billigem Kieferholz auf. Markus schob mit seiner Schaufel ebenfalls Erde von dem angehäuften und bei der Bestattung mit Tannengrün abgedecktem Grabaushub in das geöffnete Grab. „Irgendwie hast du recht, ich habe auch so ein komisches Gefühl. Anders als sonst, bedrückender. An was ist der gestorben?“. Werner konnte sich ein Schmunzeln nicht verbeißen. Er wußte das Markus sich mit paranormalen Phänomen beschäftigte. Er hielt davon nichts. Mit seinen dreiunddreißig war Werner aber auch geistig reifer als der jüngere Markus. Er verstand sich gut mit ihm. Markus tat ihm leid, irgendwie gehörte der Junge nicht hierher dachte er für sich. Werner hatte ein Gespür für Menschen, durch einen Fehler in seiner eignen Jugend war er gezwungen ein paar Jahren im Gefängniss zu verbringen. Warum und weshalb darüber sprach er nie. Für ihn war Markus so etwas wie sein Schützling, gerade wenn die anderen Arbeiter über ihn ihre Witze rissen.
Was oft vorkam. Markus trank nie Alkohol, in der Pause laß er fast immer in einem Buch das er sich von Zuhause mitbrachte. „Willst noch Studieren und unserem Staat noch länger auf der Tasche liegen“ fragte Helmut, einer von den Festangestellten, als Markus wider einmal beim Frühstück laß. „Dem kannste deine Tochter hinlegen, dann liest er auch noch“ mischte sich ein anderer ein. „Sabine müßte ihm zuerst einmalein Stück Wurst hinhalten damit sie unter all den Haaren erst sieht wo vorne und hinten ist“ zog Helmut weiter über Markus und dessen lange Haare her. Seine Sabine war sein Augenstern, auf den aber auch schon andere ein Auge geworfen hatten, was Helmut nicht so wahrhaben wollte, wie Werner wußte.
Schaufel um Schaufel warfen beide Erde in das geöffnete Grab. Nachdem sie das Grab mit Erde geschlossen hatten, fuhr Werner mit dem VW-Bully noch die Kränze aus der Aussegnungshalle holen. Markus dreht sich eine Zigarette und zündete diese an. Tief inhalierte er den Rauch. Er fühlte sich unbehaglich an dem nun zugeworfnen Grab. Dies war nicht seine erste Beisetzung, aber so seltsam hatte er sich noch bei keiner anderen gefühlt. Markus würde keinem gegenüber zugeben Angst zu haben, aber er hatte welche. Sein Blick schweifte von der Zigarette in seiner Hand über das Gräberfeld. Die Daten auf den Steinen gingen über Jahrzehnte. Vereinzelt laß er die Namen nur um sich abzulenken, hier und da waren die Gräber auch noch gepflegt, Verwandte oder eine Gärtnerei kümmerte sich darum, andere Grabhügel dafür waren total verwahrlost. „Hier möchte ich nicht beerdigt sein“ dachte Markus ohne das ihm die Doppeldeutigkeit seines Gedanken bewußt wurde.“ Warum nicht?“ schien ihn eine Männerstimme zu fragen. Markus hörte Werner mit dem VW kommen. „Endlich wurde auch Zeit, ich will nicht mehr, mir reicht es für heute.“ murmelte er und warf seine Kippe auf die roten Steinplatten und wischte mit seinem Fuß drüber. Werner kam mit zwei Kränzen in der Hand auf ihn zu. „ Wir haben es gleich, es sind nicht viele, muß ein armes Schwein gewesen sein. Nur einer mit einer Schleife daran“. Markus packte die zwei Schaufeln, mit denen sie Gearbeitet hatten und nahm sie mit zum Wagen. Tatsächlich lagen dort nur noch wenige Kränze meist sehr kleine, billige. Er nahm den Rest in seine Arme und machte sich auf den Rückweg. Der süße Duft der Blumen stach ihm in die Nase. Zusammen mit Werner legte er sie auf der Grabstätte nieder. Obwohl sich beide sonst immer darum bemühten den Grabschmuck anständig zu angerieren, gaben sich beide diesmal keine Mühe damit. „ Komm Abflug, machen wir das wir noch in der Halle was trinken bevor wir Feierabend machen“ sagte Werner und nahm die Schalungsbretter auf seine Schulter, mit denen die Grabränder abgesichert wurden bis zur Beisetzung, damit der Grabrand nicht einbrechen konnte. Markus packte mit an. Gemeinsam trugen sie die Holzbohlen, mit den anhafteten Erdresten, zum VW und legten sie auf die Ladefläche. „Das hätten wir mal wieder hinter uns und das blöde Gefühl ist auch nicht mehr da“. Werner hat recht dachte Markus mit der Entfernung vom Grab war das Gefühl geringer geworden, nur noch eine leichte Beklemmung spürte er noch in sich. Die nächsten Beisetzungen mußten sie nicht machen. Die Friedhofsarbeiter wechselten sich mit dem Grabaushub und zuschaufeln ab.

Wochen später, Markus schlief im Wohnzimmer auf der Couch. Es war heiß und drückend im Zimmer. Unruhig drehte er sich im Schlaf auf die andere Seite. Markus träumte, er fühlte sich berührt, spürte wie sich ein anderer Körper an seinen schmiegte. „Komm mein kleine Junge, komm in mein Arme“ Markus fühlte einen weichen Unterarm unter seinem Kopf, fühlte sich geborgen, behütet. „Du mußt aufpassen, es kommt eine schwere Zeit auf dich zu. Ich bin aber bei dir, Markus, mein Markus. Du weißt gar nicht wie lieb ich dich habe“. Markus wehrte sich, er wollte nicht so berührt werden. Er fühlte sich wie ein kleines Kind „Was soll das“, murmelte er, in den letzten Sekunden war er richtig wach geworden. Das Gefühl in den Arm genommen zu werden, war so intensiv für ihn, das er nicht unterscheiden konnte ob er nur geträumt oder es wirklich erlebt hatte. Er spürte noch immer die Gegenwart einer Person neben sich. Obwohl die Couch viel zu schmal für zwei Personen war. „Paß auf, auf dich, versprich mir das?“ hörte er die Stimme seiner Mutter wieder in seinem Kopf. Markus richtet sich richtig auf, verschwitzt fuhr er sich durch die Haare. Was sollte daß, seine Mutter war seit zehn Jahren tot. Gestern war ihr Todesstag fiel Markus ein. Er hatte nicht daran gedacht. Er dachte bewußt seit Jahren nicht mehr daran. Zu schmerzhaft waren seine Gefühle, 1975 für ihn gewesen, als er aus dem Schulunterricht rausgerufen wurde, ins Rektorzimmer. Er konnte sich noch an alle Einzelheiten erinnern. Der Geruch von Pfeifentabak, das kleine Ölbild mit der Kreuzigung an der Wand, der große Kalender mit dem blauem Reklameschriftzug der Druckerei und den Handschriftlichen Notizen der Lehrer.. Das alte schwarze Telefon mit verzwirbelten Kabel das zum Hörer führte, den sein Klassenlehrer in der Hand hielt. Fragen nach seinem Vater, nach seinem Opa. Markus beantworte alle. Er blickte aus dem Fenster gegenüber, seines Sitzplatzes, es regnet, wie dünne Schnüre kam der Regen vom grauen Himmel. Stunden später, nach Unterrichtsschluß, ging er alleine durch diesen Regen zur Wohnung seines Großvaters, in einem alten mehrstöckigen Mietshaus. Er klingelte mehrmals, es macht ihm keiner auf. Markus fror er hatte kalt in seiner dünnen Sommerjacke. Er drückte auf die unterste Klingel. Frau Grün hatte einen Ersatzschlüssel für die Wohnung seines Großvaters, wie er wußte. Der Türsummer erklang, Markus drückte gegen die Tür, die sich öffnete “Guten Tag, kann ich den Schlüssel von Opa haben, es macht niemand auf“ fragte er die Nachbarin.“Natürlich Markus, dein Großvater ist vorhin weg gegangen mit deiner Tante. Er sagte mir Bescheid, das du vorbei kommst“ sagte Frau Grün und fuhr ihm durch die Haare. Ihre kleine faltige Hand fuhr zärtlich durch seine Haare. Sie wußte schon was er nur ahnte. Mit seiner Schultasche in der rechten lief er die Holzstiegen hinauf, ab und zu eine überspringend. In der Wohnung seines Großvaters, sahst nur Hansi der Wellensittich auf seiner Schaukel, leise piepste er vor sich hin und schnäbelte selbstverliebt mit seinem Spiegelbild. Markus setzte sich an den Küchentisch und wartete. Mit den Fingern zog er das Karomuster der Tischdecke nach.

Markus drehte sich eine Zigarette und trank ein Schluck aus dem Glas das auf dem Wohnzimmertisch stand. Mit seinem Finger fuhr er den Rillen im Furnier der Tischplatte nach. In seiner Erinnerung tauchten die Bilder auf, als sein Großvater mit der jüngeren Schwester seiner Mutter in die Wohnküche trat, beide in schwarzer Kleidung. Drei Tage später war die Beisetzung. „Paßt auf Markus auf“ waren die letzten Worte seiner Mutter gewesen, erzählte ihm seine Tante Jahre später.

Markus zog den roten Schlauch von der Trommel hinter dem orangnem LKW der Städtischen Betriebe. Er legte dem Metallhebel um und Wasser floß in den Betonblumenkübel. Gegenüber auf dem Schulgelände standen ein paar Mädchen und rauchten. Gekicher drang zu ihm rüber. Ab und an schämte Markus sich, wenn er wie jetzt in der Innenstadt arbeiten mußte, er wollte nicht gesehen werden. In seinen Gedanken fühlte er sich unsicher, er arbeitete schwer, gehörte aber nicht dazu. Sein Verdienst von etwas über einer Mark fand er lächerlich. Ihm fehlte aber der Mut sich auf eine andere Arbeitstelle zu bewerben. Er wußte das seine Kollegen hinter seinem Rücken über ihn sprachen, worin ihre Äußerungen bestanden wollte er gar nicht wissen. Während das Wasser in den Blumenkübel lief pflückte er abgestorbene Blätter von den Pflanzen. „Gott sei Dank, heute ist Freitag. Zwei Tage frei“. In letzter Zeit fühlte Markus sich müde und unkonzentriert, wie ausgebrannt. Er fühlte sich beobachtet, unruhig schaute er zu den Mädchen auf dem Schulgelände. Ob die über mich lachen, dachte er kurz. „ Warum sollten sie, bist du so wichtig, das dich jeder beobachtet, oder so wichtig“ sprach in jemand neben sich an. Markus fuhr erschrocken zusammen. Er drehte sich um, es war niemand da, der ihn ansprechen konnte. Seltsam in letzter Zeit verhörte er sich öfters, hörte oft Stimmen obwohl niemand in seine Nähe war. Er dachte an die letzte Nacht, deutlich konnte er sich an sein nächtliches Erlebnis erinnern. Was ist wenn es wirklich Mama war die ich spürte und hörte. Aus seinen Bücher wußte Markus, das es solche Phänomene gab. Und letzte Woche in den Unglaublichen Geschichten bei RTL-Plus hatte Rainer Holbe einen Beitrag über Jenseitskontakte gebracht. In einem Studio in Luxemburg hatte ein Team aus Parapsychologen und Physikern mit Tonbandgeräten Einspielungen gemacht, auf den deutlich Stimmen zu hören waren, obwohl die Bänder vorher genau auf Manipulationen überprüft worden waren. Und hatte Markus nicht selbst schon ein Erlebnis dieser Art gehabt. Als er mit Werner vor ein paar Wochen das Grab dieses Selbstmörders zugeschaufelt hatte. Nachdem sie in den Aufendhaltsraum getreten waren, lies Helmut wieder einen seiner zynischen Sprüche los. „Seit ihr nicht abgesoffen, der Typ in der Kiste war so voller Wasser, das es mich wundert das die Kiste nicht getropft hat, als wir sie anhoben“ Er führte seine Bierflasche zum Mund und nahm einen ordentlichen Zug. Helmut war an diesem Tag, als Sargträger dabei gewesen.“ Wieso voller Wasser?“ fragte Markus neugierig. „Würdest du ab und an einmal Zeitung lesen anstatt immer nur Bücher wüßtest du warum. Der Kerl ist vorige Woche in Furpach in den Fischweiher, aus Liebeskummer. In Homburg hatten sie ihn in der Patho auf den Tisch bekommen. Beim Einsargen haben sie Folie in den Sarg mit eingebracht damit nicht wirklich die Brühe anfängt rauszulaufen“ klärte Helmut ihn in seiner gewohnten Liebeswürdigkeit auf. „Blüht dir vielleicht auch noch“ glaubt Markus zu hören, als er mit Werner in den Waschraum ging.“ Ein Selbstmörder also, deshalb das doofe Gefühl, als wenn der Kerl wieder rauswolle“ sprach er Werner an, als er sich seine Hände einseifte.“ Las mal gut sein Markus, steigere dich nicht so hinein, Ist nicht gut für dich, glaub mir“ gab Werner ihm freundlich den Rat. Schweigend wuschen sich beide fertig. Niemals wieder sprachen beide über diese Beisetzung, als wenn sie nie existiert hätte.
Markus lies das Thema aber nicht mehr los. Er ging noch öfters als sonst in die Bücherei, viel hatten sie nicht über dieses Thema. In einer Buchhandlung kauft er sich einen Taschenbuch mit dem Titel, „Sprechfunk mit Verstorbenen“ An einem Nachmittag las er das ganze Buch durch und faste den festen Entschluß selbst Tonbandeinspielungen zu machen. Er glaubte daran mit dem Jenseits Kontakt aufnehmen zu können. Er hoffte es, wünschte sich nichts mehr. Immer öfters ging er nicht zu Arbeit, setzte sich mit seinem alten Kassettenrecorder und einem Bild seiner Mutter ins Wohnzimmer und versuchte mit einem Mikrofon Stimmen einzufangen. Dabei konsumierte er Unmengen von Kaffee und Zigaretten, an essen dacht er nur selten. Wie im Rausch, nahm er auf und spielte die Bänder wieder ab, oft glaubte er dabei die Stimme seiner Mutter zu hören, wenn er aber das Band wieder zurück spulte war außer atmosphärischem Rauschen nichts zu hören. Durch seine häufigen Fehlzeiten bekam er ein Problem mit dem Sozialamt, sein Vorgesetzter auf dem Friedhof mußte ihn wegen seiner Fehlzeiten melden. Den Termin beim Sozialamt lies Markus sausen. Er wollte nicht hingehen, warum auch, wenn seine Versuche zu weiteren Ergebnissen führten brauchte er die paar Kröten nicht mehr. Drei Tage später kam der Brief mit der Miteilung das die Behörde ein drittel ihrer Monatlichen Zahlung ein behielt weil Markus seiner Meldepflicht und Arbeitsverpflichtung nicht nach gekommen sei. Markus laß das Schreiben und schmiß es dann in den Mühleimer. „Recht hast du, laß dir doch von den nichts gefallen. Ich mache es auch so.“ Flüsterte Werner in sein Ohr. Markus schaute in den Kühlschrank viel war nicht mehr drin. Was soll es, Geld habe ich noch, genug um das nötigste einzukaufen. Im Supermarkt deckte er sich bei einem Rundgang durch die Regale mit Lebensmittel ein. An der Kasse warf er noch zwei Päckchen Tabak auf das Laufband. Er zahlte den Betrag den die Kassierein ihm nannte. Seinen Einkauf in einer Tüte mit sich rumtragend schlenderte Markus über den Oberen Markt. An einem Blumenbeet arbeiten einiger seiner frühren Kollegen, auch Werner war zu seinem Erstaunen dabei. Hatte der nicht heute Morgen noch zu ihm gesagt er mache es genauso wie er. „ Egal“, Lügner und Verräter gibt es immer wieder. Stur ging Markus auf seine Kollegen zu. „ Du bist mir der Richtige, findest du das hier in Ordnung?, sprach er Werner an. Dieser hob den Kopf und schaute Markus erstaunt an. „Mann, was ist los mit dir, Markus, seit Tagen machst du immer wieder blau, und was soll ich zu dir gesagt haben?. Spinnst du? . Wann haben wir uns das letztemal gesehen?:“
„ Heute Morgen hast du noch zu mir gesagt das du es genauso machst wie ich“. Werner ging aus der Hocke hoch, lege seinem Arm um Markus und zog ihn zur Seite. „Das ist doch nicht dein Ernst Markus, was ist los mit dir, hast du was geraucht. Machst du doch sonst nie“. „Laß mich gehen du dumme Sau“ schrie Markus und riß sich los. Beinah hätte er noch seine Einkaufstüte zerrissen. „Dumme Sau, Verräter“, schrie er und lief weg. Wie gut das kaum einer seiner Kollegen wußte, wo er wohnte, ging es durch seinen Kopf als er unter Umwege nach Hause ging, auch Werner nicht. „Ich kriege dich noch Markus, mache dich auf was gefaßt. Das eben war ein Fehler von dir.“ sprach Werner ihn an, in seinem Kopf. Markus wollte schreien konnte aber nicht mehr, was war bloß plötzlich los? Hatten sie sich verschworen gegen ihn, warum bloß?.
In den nächsten Wochen ging Markus nur noch abends oder in der Nacht vor die Tür. Einkäufe erledigte er an der nächsten Tankstelle. Einmal hörte er dabei, als er in die Tankstelle trat wie der Verkäufer dachte, „ Was ist das für ein Penner?“. „Guten Abend“ sprach ihn der Mann an, als Markus an die Kasse trat. „Warum halten sie mich für einen Penner“, fragte Markus den Verkäufer naiv, als dieser ihm sein Wechselgeld rausgab. „Hm, was, wie kommen sie darauf“, fragte der Mann verblüfft und schüttelte den Kopf „Besoffene haben recht“ hörte Markus noch wie er den Verkaufsraum verlies. Hier würde er nichts mehr kaufen
Zwei Wochen später. Die Regentropfen liefen über seine Brillengläsern. Er lief den Hüttenberg runter Unruhe und Angst trieb ihn. Seit Tagen war er wie auf der Flucht getrieben vor angst. „ Lauf Markus lauf, es nützt dir nichts. Wir bekommen dich doch noch, du hast keine Chance“. Er setzte einen Schritt vor den anderen. Er war naß bis auf die Haut. Die Stimmen die er hörte waren mit der Zeit immer aufdringlicher geworden. Erkannte er anfangs gar nicht, was mit ihm geschah, zog Markus später die falschen gedanklichen Schlüsse. Dachte er zuerst Para begabt zu sein, fühlte er sich seit kurzem Besessen. „Du gehörst zu uns, wir kriegen dich Markus, bald bist du hier“ hörte er Stunde für Stunde. Er traute sich schon nicht mehr unter Menschen zu gehen, sobald er auf jemand traf, hörte er kurz darauf die Person über ihn, Markus schimpfen. Heute nachmittag war seine Angst so stark, das er nur noch rum lief. Zuerst nach Spiesen, wo noch Verwandte von ihm wohnten. Von weitem beobachtete er das Grundstück, seiner Großeltern. „Komm doch vorbei, Markus. Oma würde sich freuen, sie hat dich lange nicht mehr gesehen“ stimmt seit er sieben war, hatte er keinen Kontakt mehr zu seiner Großmutter, der Mutter seines Vaters. Zu dem er ebenfalls seit der Scheidung seiner Eltern keinen Kontakt mehr hatte und auch nicht wollte. „Laß die Hände von meiner Mutter, Anna der will dir nichts Gutes. Der Kerl taugt nichts, habe ich doch schon immer gesagt“ hörte Markus, seinen Vater in seinem Kopf zu seiner Oma sagen. „ Markus geh nach Hause, komm das bringt dir doch nichts“ hörte er wieder seine Mutter. Sie war die einzige positive Geisterstimme die er wahrnahm. „Ich schlage dich tot, wenn du dich hier blicken läßt, fauler Saukerl“, hörte er wieder seinen Vater „Und du bist auch nicht besser“ hörte Markus seinen Vater zu seiner verstorbenen Frau sagen. „Laß Mama in Ruhe, du hast ihr früher schon immer weh getan“ formulierte Markus in Gedanken an seinen Vater. Der lachte bösartig hinter seiner Stirn. „Was weißt du schon. Hosenscheißer du lagst doch damals noch in den Windeln. Kannst froh sein das ich dich nicht kriegen kann“. Wieso kann er mich nicht kriegen? überlegte Markus in seinem wirren Kopf. „Weil ich dich beschütze“, hörte er wieder seine Mutter. Das war heute nachmittag inzwischen war er müde und hatte Durst. Er traute sich aber nicht nach Hause. Er wandte sich in Richtung Hauptstasse, wollte die Strasse überqueren. „Stimmen im Wind, die so zärtlich und liebvoll sind“ drang der neuste Hit von Juliane Werding aus einem vorbeifahrendem Autoradio Die Stimmen drohten ihm schreckliches an. In seiner Angst hatte er sich vorhin sogar an einen Pfarrer gewendet. Vor paar Minuten war er zum Pfarrhaus der Marienkirchen gegangen, klingelte nervös, bis ihm die Haushälterin öffnete. „Ich möchte gern den Pfarrer sprechen“. „Worum handelt es sich?“ fragte die Frau mißtrauisch und musterte Markus mit Blicken. Er sah reichlich runter gekommen aus. Naß, bis auf die Knochen, die Beine in seiner Jeanshose mit Dreck verschmiert, wo er durch den Wald nach Spiesen gelaufen war. Die langen Haar hingen tropfnaß an ihm runter. „Ich höre Stimmen, die mich bedrohen, ich will nur mit dem Pfarrer reden“. „Junger Mann sind sie betrunken oder stehen sie unter Drogen, für solchen Blödsinn haben wir hier keine Zeit“. Sie wollte gerade die Tür schließen, als eine Männerstimme hinter ihr sich einmischte. „Lassen sie den Mann bitte herein, Helga, ich möchte mit ihm reden“. Helga die Hauswirtschafterin gab Markus die Tür frei, so das er eintreten konnte. Markus kannte den Pfarrer nicht, in seiner Vorstellung war er von einem alten Mann ausgegangen. Vor ihm stand ein sportlicher Typ Anfang vierzig, in Jeans und Freizeithemd. „Baier“ stellte er sich Markus vor und reichte ihm die Hand. Markus murmelte seinen Namen. „Na dann kommen sie mal mit in mein Arbeitszimmer“ er ging voraus und öffnete eine Holztür. Markus trat in einen mäßig möblierten Raum. Ein Schreibtisch mit zwei Rattansesseln davor. „Nehmen sie Platz, sie dürfen auch Rauchen“ er hatte an den Nikotinspuren an Markus Fingern gesehen das dieser ein sehr starker Raucher sein mußte. „ Ich glaube nicht an Gott, ich war seit meiner Schulzeit nicht mehr in der Kirche“. fing Markus zögernd an zu sprechen. „Das macht nichts, sie brauchen sich dafür nicht zu entschuldigen“ forderte Pfarrer Baier, Markus auf weiter zu reden, als dieser kurz stockte. Markus erzählte von seinen Tonbandversuchen, seiner Angst immer wieder diese Stimmen zu hören. Sein Glauben an das übersinnliche, sein Wunsch telephatisch begabt zu sein. Der Geistliche ließ ihn ausreden, fragte nur nach wie lange Markus schon die Stimmen hörte. „Sie müssen sich behandeln lassen, sie sind krank“, „Ich bin nicht verrückt ich höre diese Stimme wirklich“, fiel Markus ärgerlich dem Pfarrer ins Wort. „Lassen sie mich doch bitte ausreden. Ich glaube ihnen das sie diese Stimmen hören. Deswegen halte ich sie nicht für Verrückt. Sie sind krank, psychisch oder seelisch wie ich es nennen würde. Sie können mir glauben, heute kann man diese Krankheit heilen. Ich kann für sie einen Termin in einer Klinik machen. Ich bringe sie auch gerne hin.“. „Danke ich verzichte, ich bin nicht verrückt“, Markus stand auf bot dem Pfarrer die Hand zum Abschied und verlies das Pfarrhaus. „Geht der Kerl zum Pfaffen, das glaubt mir doch keiner“, hörte er wieder die Stimme seines Vaters. Die ganze Zeit wo Markus sich im Pfarrhaus aufgehalten hatte waren die Stimmen in seinem Innern ruhig gewesen. Als seien sie nicht mehr vorhanden. Er war gerade dabei die Hauptstrasse zu überqueren, durch seine verschmuzte Brille nahm Markus noch einen Lichtschein war. Ein schmerzhafter Schlag traf seine Beine, vor seinen inneren Augen fiel er eine Mauer runter und schlug auf schwarzem Asphalt auf. „Endlich Markus, endlich bist du bei mir, mein kleiner Junge. Mama ist für dich da“ hörte er zum letztenmal die liebevolle Stimme seiner Mutter.
Ein Jahr später, überall in den Geschäften erklangen Weihnachtslieder. Eine dunkelhaarige Frau Anfang zwanzig harkte sich in Markus Arm ein und streichelt zärtlich über seine Hand. Verliebt sah Markus Sandra an und haucht ihr einen Kuß auf die vollen Lippen. Nach seinem Unfall, war er als Notfall in eine Klinik eingeliefert worden. Der Beinbruch heilte schnell, die Kopfwunde war nicht weiter tragisch. Trotzdem dauerte sein Klinikaufenthalt länger. Pfarrer Baier hatte den Unfall vor seinem Pfarrhaus mitbekommen. Er lief vor die Tür, als er Markus so da liegen sah, dachte er zuerst an einen Suizidversuch. Passanten klärten ihn auf, das der junge Mann in aller Ruhe über die Strasse gehen wollte, als ein dunkler Wagen wie aus der Pistole geschossen aus einer Seitenstrasse auftauchte. Ein dunkler Kombi, wie ein Leichenwagen, dachte Pfarrer Baier, als er den Wagen auf der Strasse stehen sah. Der Pfarrer fuhr mit, als Markus mit dem Notarztwagen in die nächste Klinik gebracht wurde. Er sprach mit den Ärzten, über Markus Stimmenhören. „Den kriegen wir wieder hin, äußerte sich der Diensthabende Arzt. Schwester machen sie doch bitte noch eine Infusion Haldol und Diazipan 5.mg, intravenös fertig. Der Patient scheint auch unter einem Psychotischen Schub zu leiden. Rufen sie bitte auch noch auf der P2 an, das Kollege Kordowich, mal nach ihm schaut“. Markus lernt während seines Klinikaufenthaltes schnell das sein Stimmenhören nichts mit dem Jenseits zu tun hatten. „Sie leiden unter einer Halluzinogenen Form einer Psychose, bei ihrer Familiengeschichte verwundet es mich nicht das sie ein solches Syndrom entwickelt haben“ sagte Dr. Kordowich, einer der Psychiater der Klinik zu ihm. In der ReHa-Klinik lernte Markus Sandra kennen, sie arbeitete dort als Bewegungstherapeutin, nach und nach kamen sich beide näher Und Sandra kümmerte sie sich nicht mehr nur um seine Beine.
Anmerkung des Autors:
Das von mir beschriebene Krankheitsbild einer PSYCHOSE gibt es wirklich. Psychosen äußern sich oft durch Halluzinationen, Stimmenhören. Die Persönlichkeit der Betroffenen bleibt dabei erhalten. Eine gezielte Behandlung ist heute möglich, eine Heilung nach Auskunft, von Fachleuten nicht. Dieser Meinung schließe ich mich persönlich nicht an. Wie ich aus eignem Erleben weiß, kann eine Psychose durchaus, restlos ausheilen.


Textbeitrag für den Marburger Con 2oo5

Alle Rechte bei Michael Holzer Falls sie Ausschnitte dieses Textes verwenden wollen setzen sie sich vorab per Mail mit mir in Verbindung, Danke
Email MikeHolzer@freenet.de

Psychoseerfahrungen

Der Inhalt dieses Beitrages beruht auf Tatsachen. Alle Rechte beim Autor.



„Merzig mach die Tore auf, Rüdiger kommt im Dauerlauf“ so oder ähnlich klang es zu meiner Schulzeit unter uns Kinder, wenn wir mit dem Thema Psychiatrie konfrontiert wurden. Damals dachte ich nicht im entfernste daran einmal selbst psychisch krank zu werden. Wer macht das auch schon, keiner.
Aber es geschah nun mal. Wie oder warum, fragte ich mich jahrelang, „warum ich“
Warum? , „Blödsinn darüber zu spekulieren“, egal ob es der frühe Tod meiner Mutter war. Das mein Vater mich aus Lust und Laune gerne verprügelte, als Kind, wenn er schlecht drauf war. All diese Grübeln brachte mich nach meiner Psychose nicht weiter. Das machen andere auch mit, dieses und viel schlimmeres sogar und bleiben dabei gesund.

Im März 1986 wurde ich an einem Dienstag abend mit dem Notarztwagen nach Saarbrücken auf den Sonnenberg gebracht. Ich war zweiundzwanzig Jahre alt. Merzig hatte kein Bett frei. Das hatte ich schon die Nacht vorher mitbekommen, als ich aus Angst, vor den Stimmen die ich seit längrem hörte in ein Krankenhaus in Neunkirchen ging um Hilfe zu bekommen.
Die Tage zuvor hatten sich die Stimmen enorm verstärkt. Waren sie am Anfang nur ab und an vorhanden. Ich dachte zuerst ich würde mich nur verhören, wenn ich in einem Gespräch etwas hörte, was aber keiner geäußert hatte.
So hörte ich sie nun ständig, bedrohlich. Sie machten mir Angst immer mehr Angst. „ Du bist schlecht Michael, so schlecht“
.
Meine Psychose äußerte sich hauptsächlich durch Stimmenhören. Wie ich heute weiß ein Hauptbestandteil bei einer paranoid halluzionegene Psychose.
Die Stimmen gehörten Menschen aus meiner nächsten sozialen Umgebung. Familienangehörigen, Freunden oder meiner Exfreundin. An der ich damals noch sehr hing.
Dabei war es egal ob die Personen noch lebten oder verstorben waren.
Was ich für mich als tröstlich empfand, wenn meine Mutter mit mir sprach.. Ich wusste sie lebte nicht mehr seit genau elf Jahren schon nicht mehr.
Wie ich das mir meiner Logik vereinbarte? .Nun ich beschäftigte mich damals sehr mit Esoterik und Parapsychologie die „Unglaublichen Geschichten“ bei RTL plus gehörten Samstagsabends zu meinen festen Sendungen, die ich mir nicht entgehen lies. Besonders die Tonbandexperimente in diesen Sendungen hatten mein Interesse gefunden. Und es blieb nicht nur bei der Theorie ich machte im Winter 1985 auch öfters selber Einspielungen.

Mit einem Bild von meiner Mutter sah´s ich da, vor mir ein Radiorecorder mit angeschlossenem Mikrophon.
„Der hatte sie wirklich nicht alle“, werden nun einige von ihnen denken. Aber für mich war es Normalität.
Ich war auch lange der Meinung, wirklich meine Mutter auf diesen Bändern gehört zu haben. Ich wollte sie auch einer Ärztin auf dem Sonnenberg vorspielen, als ich ihr in einem meiner ersten Gespräche bei dieser Ärztin ziemlich freimütig von meine Experimente erzählte.
Was ich aus heutiger Sicht besser unterlassen hätte. Die Reaktion als sie in diesem Gespräch zu meiner Tante schaute, die anwesend war, weiß ich noch heute, ein leichtes Kopfschütteln ihrerseits.
„Herr Holzer lassen wir das mal, das bringt sie nicht weiter. Sie können aber wenn sie demnächst auf Belastungstraining zum erstenmal nach Hause gehen, die Bänder vernichten“ Mehr hörte ich dazu nicht.
„Kann ich mit den Menschen die ich höre, noch Kontakt haben weiterhin“ fragte ich zwei Wochen später die gleiche Ärztin, „warum nicht, die tun ihnen doch nichts“, kam als Antwort.
Dies nur zum Verständnis, in Bezug Fachpersonal, das einem noch zusätzlich das Leben erschwert in Psychiatrischen Kliniken.

Ich wurde später öfters gefragt wieso ich nicht schon am Anfang meiner Erkrankung zu einem Arzt oder Facharzt ging.
Ich fühlte mich nicht krank, meine Ausdauer nahm sogar zu. Ich lief tagelang im Regen rum Februar, kalt, nass, ich bekam in der ganzen Zeit nicht einmal eine Erkältung.
Gut ich hörte Stimmen, „Das ist doch nicht normal, da hättest du doch merken müssen das etwas nicht mit dir stimmt“
Nein, für mich war dies zu der Zeit normal, selbst heute könnte ich noch schlüssig für alles eine Erklärung finden.

„Kein Mensch läuft nachts zehn Kilometer durch den Wald, nach Kirkel“ ( Nachbargemeinde im Saar-Pfalz-Kreis)
„Nein, macht keiner?“
Ich hörte die Stimme von Steffi, „ Michael wir treffen uns oben an der Burg, ich warte, bitte komm“
Michael ging nach Kirkel, logisch, oder? .
Ich zog mich nachts an, nahm meine Zigaretten vom Tisch und verlies die Wohnung, einfach so? .
„Wir kommen runter und holen dich du dumme Sau, ich schlage dir eine vor das Maul das du nur so staunst.“
Die Stimme eines Nachbarn, über den ich mich einmal beschwert hatte, bei der Hausverwaltung.

Klar kann man darüber lachen, wenn man nicht davon betroffen war. „Angst hat er keine, aber laufen kann er“
Ich möchte damit nur verdeutlichen jede Reaktion in dieser Krankheit, liegt eine für den Erkrankten deutliche und schlüssige Logik zugrunde.
Ich bin nicht aus Lust und Laue bei kaltem Sauwetter nachts zehn Kilometer durch den Wald gelaufen.
„Hättest ja ein Taxi nehmen können, ha, ha“.

Ich kam also am 22.03,1986 in die psychiatrische Fachklinik auf den Sonnenberg, bei Saarbrücken.
Zuvor verbrachte ich ein Tag in einer allgemein Klinik in Neunkirchen, Josefskrankenhaus. Dort verlies ich mehrmals unerlaubt das Klinikgelände, „Wir kriegen dich doch noch, dann bist du reif“
Beim dritten Unerlaubten Entfernen aus dieser Klinik spielten die Ärzte dort nicht mehr mit. „Herr Holzer wir können hier nichts für sie tun, sie müssen in eine Fachklinik“

Ich weiß noch, als ich in Saarbrücken aus dem Krankenwagen stieg, und in das Gebäude geführt wurde. Ein Arzt, ein Rettungssanitäter und der Krankenwagenfahrer. Drei Mann, ich wog zu dieser Zeit keine 63. Kilo.
Wer hatte mehr Angst, die oder ich? .
Da ich in Neunkirchen mehrfach unerlaubt die dortige Klinik verlassen hatte, kam ich auf eine geschlossene Station. „Die geschlossene ist Aufnahmestation“ bekam ich später zu hören.

Nach dem Aufnahmegespräch mit einer jungen Ärztin bekam ich ein Bett, das im Tagesraum stand. Es roch stark nach kaltem Rauch. „Wir sind momentan überbelegt“, sagte die Ärztin erklärend. Zu dieser Zeit wusste ich noch nicht das diese Station ständig überbelegt war, da sollte ich aber die nächsten Wochen noch hautnah miterleben.
Ich legte mich nach dem Ausziehen, einen Schlafanzug trug ich noch unter meiner Straßenkleidung, als ich im Josefskrankenhaus stiften ging hatte ich nur ein Hemd und meine Jeans drübergezogen, unter die weiß gelbe Bettwäsche die sehr stark gestärkt war
Der Pfleger der mir ziemlich unsympathisch erschien schob einen Infusionsgalgen mit einem Infusionsbeutel mit einer klaren Flüssigkeit in den Raum. Er machte eine Kanüle fertig und schob mir diese ohne Erklärung in eine Vene meines linken Armes.
Ich bekam meine erste Haldolinfusion, nach ein paar Tropfen von dem Zeug war ich weg.
Es sollte noch viele weitere folgen. Die ersten sieben Tage Infusionen, drei Stück am Tag. Danach Tropfen und später Tabletten. Und dann dreizehn Jahre lang Depotmaterial. Mit einigen unangenehmen Nebenwirkungen. Mundtrockenheit, Harnträufeln, Impotenz und drei Jahre später eine beidseitige Gynäkomastie ( Brustbildung beim Mann).
Aber schön der Reihe nach zum Mitfühlen.

Mein erstes Erwachen am nächsten Morgen, die Stimmen in meinem Kopf lachten und beschimpften mich, „Michael hast du es jetzt endlich geschafft, bist du in der Irrenanstalt dort wo du hingehörst. Schon lange hingehörst“ mein Schulfreund Walter hatte diesen Spruch losgelassen.
„Dann bin ich ihn endlich los, den Blöden Hund“ sagte Steffi in meinem Kopf..

Beide unterhielten sich scheinbar über mich, beschimpften mich, machten meine Gefühle für Stephanie lächerlich.
„Weißt du noch wie er sich im Diana anstellte, als ihr euch zum erstenmal traft? . Damals hatte er noch die langen Haare, dachte er sieht aus wie John Lennon, der Vollidiot“ Walter und Steffis lachten.

Die Ärztin vom vorigen Abend schaute noch einmal kurz bei mir vorbei, danach war ihre Nachtbereitschaft beendet.
Ich hörte das klappern von dem Essenswagen, das Frühstück wurde in den Tagestraum geschoben.
Meine erste Malzeit habe ich noch gut in Erinnerung, nicht das Essen selbst, mehr die unappetitlichen Umstände. Mir gegenüber hatte sich ein junger Mann mit bairischem Dialekt niedergelassen.
Er kaute mit offnem Mund, sprach mit diesem und spuckte ein wenig von seinem Mundinhalt über den Tisch. Zwischendurch lachte er ab und an.
Nach dem er seine Malzeit beendet hatte stand er auf nahm sein Tablett und ging zum Essenswagen, vorne am Schritt war seine Hose stark vergilbt.
Ich hatte Angst, mir war schlecht und ich fühlte mich von der Welt verlassen, „Warum ich“
„Weil du hier geholfen bekommst, Michael“ hörte ich meine Mutter.

Zuerst bekam ich einmal ein Bett das sich in einem Zimmer mit drei andren befand. Meines stand ganz nah am Waschbecken. Meine Zimmernachbarn erschienen mir normaler als der junge Baier.
Ich schlief fast den ganzen Vormittag, kurz nur kam ein Arzt vorbei. „Sie hören Stimmen, sehen sie auch Bilder?“ fragte er mich in meinem Halbschlaf,
„Nein ich empfange nur den Ton“ antwortete ich ihm verschlafen. Heute denke ich, wie blöd war diese Antwort von mir.
Ich schlief bis zum Mittagessen, diesmal setze ich mich an einen andren Tisch, hier sahsen eine blonde ältere Frau und zwei Männer, die einen vernünftigen Eindruck auf mich machten. An diesem Tisch entstand dann auch mein erstes Gespräch mit Mitpatienten, das aus mehr als nur fünf Worten bestand. Ich erfuhr das die Frau HNO Ärztin war und aus Saarbrücken stammte, sie war wegen Depressionen hier in Klinik. Einer der Männer war Alkoholiker. Ich stellte Fragen nach dem Tagesablauf, für mich war alles Neuland.

Die Ärztin am Abend zuvor hatte ich schon mit Fragen gelöchert. Gibt es Elektroschocks, die berüchtigte Gummizelle, also alle Horrorszenarien die außerhalb im Volksmund so rumgeistern.
Sie beruhigte mich in meinen Befürchtungen „Das schlimmste was ihnen passieren kann ist das wir sie am Bett fixieren müssen. Das geschieht aber nur zu ihrem besten“

Ich stellte aber in meinen neun Wochen auf dem Sonnenberg fest, das, das Fixieren doch öfters praktiziert wurde, als mir die Ärztin erzählte. Oft aus ziemlich autoritären Gründen. Tauchte ein Patient zu oft vorm Dienstzimmer auf, oder wie ich einmal legte, sich früh abends nach dem Abendessen ins Bett, was dem Diensthabenden Pfleger nicht gefiel und schon konnte es geschehen das man an sein Bett gefesselt wurde.
Ich nervte das Personal die ersten vierzehn Tage fast ständig, „Wann komme ich wieder nach Hause? Meine Medikamente kann ich auch Zuhause nehmen“.

Mehr wurde als Behandlung nämlich nicht gemacht. Infusionen, Tropfen, Stationsvisite die auch ausfallen konnten. „Dr. Gutmann musste in eine Besprechung“ hörten wir dann als Begründung.
Besonders unangenehm war für mich der tägliche Gang zur Toilette. Diese befand sich zwar im Krankenzimmer immer für zwei Patientenräume zusammen auf beide Seiten durch Pendeltüren zu betreten. Das Klosettbecken ohne Brille, oft verpisst und im wahrsten Sinne beschissen.
Durch die Medikamente hatte ich oft Verstopfung, aber da ich ständig mit der Angst lebte es könnte jemand in den Raum kommen, nahm ich mir auch keine Zeit für meine Sitzungen, mit dem Erfolg das ich mich ziemlich unwohl fühlte. Was auch später Zuhause noch lange anhalten sollte. Selbst heute, wenn ich einmal in Urlaub reise, habe ich zuerst einmal Verstopfung.

Als ich auf die offene Station kam, sprach ich einen Pfleger auf mein kleines Darmproblem an. Er lies mich dann im Stationsbad auf die Toilette gehen. Das konnte nur von außen mit einem Schlüssel geöffnet werden. Was mir ein Gefühl der Sicherheit gab.

Als Therapieangebot gab es nicht mehr als Frühsport, Wassertreten, Stationsschwimmen und Beschäftigungstherapie.
Ein großer Begriff, was verbarg sich dahinter. Laubsägearbeiten, oder Malen. Pumukel, Biene Maja. Ich fragte den Therapeuten ob er ein bisschen kindisch sei. Die Antwort die ich bekam, schreibe ich hier nicht nieder.

Beim nächsten Mal ging ich dann zur Montagegruppe. Hier in einem gelben Container auf dem Klinikgelände wurden Kabel, abisoliert und perfektioniert. Also, mit Kabelendhülsen versehen.
Auch hier trat ich ins Fettnäpfchen. Da ich als ausgebildeter Elektroinstallateur meine Abisolierzange anders einstellte und ein wenig schneller arbeite, bekam ich einen Anschiss, ich würde oberflächig arbeiten.
Dumm wie ich war lies ich mich auf einen Wortwechsel mit dem Anleiter ein. Ich wusste das er kein Ausgebildeter Anleiter oder Arbeitstherapeut war. Nein den Knabe kam von Saarberg. Er war einmal Bergmann.
Zu diesem Zeitraum April 1986 kam es in der Ukraine zum Reaktorunfall von Tschernobyl. Da unsere Kabel aus der damaligen DDR kamen, hatten wir eines Morgens kein Material mehr. Und beim Mittagessen keinen Salat, abends keine Frischmilch.
Was machten wir statt dessen. Pumukel, Biene Maja, ausmalen.
Das war für mich der Horror schlechthin. Ich ging um 09.00 Uhr morgens zum Container, gab meine Therapiekarte ab, hielt mich kurz dort auf, ging wieder raus und im Nachbargebäude auf die Toilette, setzte mich auf die Klobrille die dort vorhanden war und lies, so weit wie meine Medikamentanion dies zu lies in einem alten Sternmagazin.

„Du bist wie ein frührer Kollege von mir, kommst schaust dich um und verdrückst dich aufs Klo“ sagte mein Bergmann nach ein paar Tagen.
„Und du bist ein Arschloch“ kam es von mir.

Seit ich hier auf dem Sonnenberg war hatte ich mich verändert. Am Anfang hatte ich täglich geheult, fühlte mich verlassen, mehr als je zuvor, hatte Angst hier nicht mehr raus zu kommen.
Bis zu diesem Zeitpunkt war ich menschlich immer zurück haltend, jedem Streit aus dem Wege gehen, nicht unangenehm auffallen. Das war meine Devise. Erklärlich wenn ich an meine Kindheit mit meinem Cholerischen Vater denke.
Nun nicht mehr, jede Kritik an mir als Mensch konnte ich nicht mehr aushalten und forderte mich zu einer verbalen Reaktion heraus.
„Verbal aggressiv“ hörte ich von meinem Stationsarzt nach dem Vorfall mit dem Arbeitsanleiter.
Verbal aggressiv höre ich seit neunzehn Jahren, von sogenannten Fachleuten. Nur ich blieb bis heute gesund. , ohne Rückfall, aber ich greife zu weit vor.

Ich bekam auch angedroht bei weitren Verbalen Fehlgriffen meinerseits nicht mehr nach Hause auf Belastungstraining gehen zu können. Was ich zweimal die Woche immer auch über Nacht machen konnte.
„Sie nehmen auch sofort regelmäßig an ihrem Arbeitstraining teil. Wenn wir das bei Ihnen dulden verhalten sich die anderen Patienten später genauso, das geht nicht“ teilte mir Dr. Gutmann mit. Ich gab keine Antwort, ging weiterhin zum Container und auf mein Klo, mit Sternmagazin.

Nach den Wochen hier hatte ich begriffen das viel gedroht wurde, aber das Personal lieber seine Ruhe hatte und in der Stationsküche „Bild“ las oder Kaffee trank
Solange ich nicht tätlich wurde, meine Medikamente nahm, was ich auch tat, in meinem eigne Interesse, konnte mir nichts passieren.
Es wird viel über Medikamente geschimpft, teilweise zu recht, aber ohne wäre ich niemals gesund geworden, ist meine Meinung.
Meine Stimmen hörte ich noch sechs Wochen lang nur sie machten mir keine Angst mehr. Ich war körperlich ziemlich steif, stakste rum wie ein Storch im Salat, meine Gesichtsmimik war wie erstorben.
Als ich in der ersten Woche in den Spiegel schaute beim Rasieren, erkannte ich mich fast selbst nicht mehr. Meine Augen waren trüb und verschleiert, mein Gesicht wirkte dämlich, als ob ich geistig behindert sei.
Von einer Krankenschwester die ich daraufhin fragte, bekam ich die Auskunft das sei vom Haldol, auch über meine Impotenz sprach ich sie an.“ Das gibt sich wieder, sobald die Tropfen abgesetzt werden“,
Ich bezog mehr Informationen vom Pflegepersonal als von Ärzten. „Dr. Gutmann musste zu einer Sitzung“ ihr kennt es ja.
Krankenbesuch bekam ich in den neun Wochen auf dem Sonnenberg nur von meiner Tante.
Von meinen Freunden lies sich keiner blicken. Einmal als ich nach dem Belastungstraining an der Bushaltestelle stand kam Walter auf mich zu.
„Hallo Michael, wie geht´s dir? Du ich habe so eine starke Erkältung das glaubst du nicht“ sprachst und zog an seiner Zigarette.
Klar was ist eine Psychose gegen eine Erkältung. Was eine jahrelange Freundschaft?
Nichts? .
Innerlich hatte ich schon Abstand genommen zu meinen Freunden, die plötzlich keine mehr waren.
„Was Michael ist in der Klapse? . Hat er die Geschichte mit Steffi doch nicht auf die Reihe bekommen. Die hat es ihm dreckig gemacht, was“ so ähnlich musste ein Gespräch tatsächlich damals abgelaufen sein, hörte ich Jahre später.

Ich setzte mich Mittags oft in den Tagesraum und blickte durch die große Glasfront hinaus. Die Klinik lag hoch auf einem Berg in der Nähe eines Ortsteils von Saarbrücken. In der Ferne sah ich verschiedene Autobahnen die sich durch die Landschaft zogen. Direkt um die Klink befand sich ein gesunder Mischwald. Jetzt im Frühjahr begangen die ersten Bäume zu knospen.
Als Kind war ich mit meinen Eltern oft spazieren im Wald. Bilder von früher zogen durch mein Gedächtnis. Ich selbst auf einem umgekippten Baum in kurzen Hosen mit weißen Strümpfen, mein Vater mit seiner Kamera, meine Mutter neben mir.
In diesen Momenten dachte ich auch über mein weiteres Leben nach. Wie geht es weiter, wenn ich in ein paar Wochen hier rauskomme? . Wie sollte ich leben ohne Freunde. Konnte ich noch neue Beziehungen aufbauen. Was war mit Arbeiten.

Vor meinem Psychotischen Schub war ich arbeitslos, meine letzte Stelle hatte ich aufgegeben, weil ich nicht mehr zurecht kam. Mit den Mitarbeitern, ich hatte ständig das Gefühl sie reden schlecht über mich. Vom Arbeitsamt hatte ich eine Sperrzeit bekommen. Während des Krankenhausaufenthalts bekam ich Taschengeld vom Sozialamt Saarbrücken.
Wie sollte es weitergehen?
Heute im Rückblick denke ich es ging besser weiter, als ich mir vorstellte. Aber es sollte bis 1995 dauern, bis ich wieder tragfähige Beziehungen aufbaute und Freundschaften suchte und auch einging und pflegte.

Im nach hinein sehe ich meine Erkrankung wie eine Einweihung in einen neuen Lebensabschnitt.

Der ganze Schrott der sich in meinem Bewusstsein angesammelt hatte, kam an die Oberfläche. Ungeordnet und verschlüsselt zuerst, Ordnung schaffe musste ich selbst.

Meine Stimmen gaben mir das was ich brauchte. Ich vermisste meine Mutter, ich hörte sie. Ich war unglücklich verliebt, nach der Trennung von Stephanie. Ich hörte sie und sie bestellte mich in meinem Kopf zu einem Treffen, wenn auch Nachts Kilometer weit entfernt.

Von einem zurückhaltenden Menschen, der fast alles in sich hinein fraß wurde ich zu jemand der sich wehrte.
Es dauerte Jahre bis ich dahinter kam was diese Erkrankung mir brachte, die Wende in meinem Leben.
Als ich im Mai 1986 aus der Klinik entlassen wurde stand ich am Anfang eines langen Weges. Am gleichem Tag musste ich nach Neunkirchen auf das Sozialamt um meine finanzielle n Sachlage abzuklären. Ich bekam nun Sozialhilfe. Diese bezog ich bis 1991, wo ich eine ABM Stelle als Hausmeister im Bürgerhaus Neunkirchen bekam. Trotz aller Unkenrufe sogenannter Fachleute hielt ich das Jahr durch. Eine Übernahme in eine Festanstellung war von Anfang an ausgeschlossen.

Während dieser Zeit hatte ich einen Termin auf dem Arbeitsamt Neunkirchen bei einem Psychologen. „ Was arbeiten sie den auf ihrer ABM Stelle?“ Ich sagte ihm meine Aufgaben die ich dort bewältigte. „Das können sie doch gar nicht, sie haben das doch nicht gelernt, Herr Holzer“ innerlich kochte ich.
Er gab noch weitere Weisheiten zum besten. Publikumsverkehr wäre nichts für mich seiner Erfahrung nach kämen Psychotiker damit nicht zurecht u.s.w.
Ich konnte nicht mehr an mir halten, „Hat es mit ihrer Alten gestern abend nicht geklappt? . Oder warum halten sie mir sonst so ein saublödes Gespräch. Fragen sie meine Vorgesetzten, fragen sie nach Krankmeldungen. Es gibt keine. Ob ich meine Arbeit machen kann, können sie nicht beurteilen“
Ich hatte mich richtig in Rasche gebracht, was dachte der dumme Hund eigentlich.
Und schon bekam ich wieder das Allzeit bekannte Verbal aggressiv zu hören.
„ Sie sind sehr verletzend Herr Holzer, das haben sie mit meiner Frau gemeinsam“ sprach er darauf als ich zur Zimmertür ging.
„ Ich werde sehen was ich für sie tun kann“
Meine ABM ging bis Oktober 1992. Anfang Dezember 1992 fing ich eine ReHa Maßnahme bei der DEKRA an. Diese ging über ein Jahr und beinhaltete eine Theoriephase und Praktika.
Eine Berufliche Perspektive ergab sich nicht, was aber auch daran lag das ich zu oft sagte was ich dachte.

1995 wurde ich wieder zur DEKRA geschickt und in diesem Jahr ergaben sich für mich viele Veränderungen.

Die Zeit der Ernte kam

Hatte ich die ganzen Jahre seit meinem Klinikaufenthalt meistens Zuhause lesend alleine verbracht hatte ich plötzlich wieder gefallen daran unter Menschen zu gehen.
Es fing alles damit an das eine weibliche Teilnehmerin meiner Maßnahme und ich uns näher kennen lernten.Wir trafen uns oft nach Unterrichtsende und gingen Kaffeetrinken, oder fuhren mit ihrem PKW durch die Gegend.
Eine Beziehung wurde daraus nicht, was wieder einmal an meinem ungezügelten Mundwerk lag. Aber dazu äußere ich mich hier nicht

Aber zwischen zeitlich ging ich auch öfters alleine aus. Ich setzte mich in ein Cafe und las. Nach einiger Zeit kam ich mit Menschen die auch zu den Stammgästen gehörten ins Gespräch und daraus entstanden Kontakte bis heute.
Durch einen andren Teilnehmer meiner Maßnahme kam ich in Kontakt mit einem Kontaktstellencafe für psychisch Kranke hier in Neunkirchen, Cafe Theodor.. Nach einiger Zeit lernte ich auch dort wieder eine gleichaltrige Frau kennen die dort neuerdings als ABM Kraft arbeitete.
Christa lud mich am Anfang öfters zu sich ein. Ich ging meistens nicht hin, ich fühlte mich einfach zu unsicher dazu. Das sollte sich aber noch ändern. Wie jedes Jahr ende Juni findet bei uns in der Innenstadt das Stadtfest statt. Ein Volksfest.
Christa hatte an dem Sonntag Dienst im Cafe Theodor. „ Michael geh doch heute abend mit auf das Stadtfest. Es wird dir gefallen, überlegst dir, komm“ so sprach sie den ganzen Nachmittag auf mich ein. „Gut damit du endlich Ruhe gibst gehe ich kurz mit“ lies ich mich von ihr breitschlagen.
Und was soll ich hier sagen, es war klasse, nach so langer Zeit wieder einmal auf einem Volksfest zu sein. Live Musik, Gerüche nach Bratwurst, Schwenkbraten und andren Deftigkeiten.
Wir blieben bis gegen elf Uhr abends unten auf dem Fest. Ich brachte Christa noch zu einem Taxistand und ging selbst mit geschwellter Brust nach Hause. Stolz auf mich, das ich den Menschenrummel ausgehalten habe, später sogar gar nicht mehr daran gedacht habe, das ich mich eigentlich unwohl fühlen sollte.
Mit Christa verbrachte ich noch viele schöne Stunden, aber auch viele Trübe, aber das gehört nicht hierher. Nur ohne sie wären die letzten Jahre und meine persönliche Entwicklung nicht möglich gewesen. Danke.

In etwas über einem Jahr hatte ich mir neue Tragfähige Kontakte aufgebaut die mit Veränderungen bis heute fortbestehen. Was mir viel Kraft gibt.
„Niemand ist eine Insel“ heißt ein Gedicht und ein Roman, eines bekannten deutschen Schriftstellers. Er hat recht. Wo wäre ich ohne Kontakte, ohne Menschen, wenn auch nicht alles glatt lief, Streitigkeiten, Eifersucht, scheitern von Beziehungen das gehört einfach zum Leben dazu.
Die Jahre zuvor brauchte ich aber auch. In meinem ganzen Leben werde ich nicht mehr so viel Zeit mit Lesen verbringen können. „Psychisch Kranke lesen nicht“ sagte einmal eine Sozialarbeiterin der Caritas zu mir.
Dazu brauche ich wohl nichts weiter zu sagen.

Was mich oft kränkte und betroffen machte ist die Dummheit und Intoleranz sogenannter Fachleute wie, Sozialarbeiter, Psychologen und Ärzte. Letztere nicht mal soviel wie die erstgenannten
Ihr werdet andere Erfahrung gemacht haben. In vielen Publikationen sind die Ärzte die Personen die den negativsten Eindruck hinterließen, bei mir eben nicht, sorry.
Ich gab mich auch nicht viel mit ihnen ab, ich ging regelmäßig zu einem nieder gelassenen Facharzt hier in Neunkirchen. Dr. K, setzte die Tabletten die ich in der Klinik noch verordnet bekam, ab und stellte mich auf eine Depotspritze ein. Lange Jahre lang bis 1997. Die letzten drei Jahr dieses Zeitraums senkte er mit Rückmeldung von mir die Dosis ständig, nur ganz absetzen wollte er das Depotmaterial nicht. Er hatte keine guten Erfahrungen damit gemacht, es ganz abzusetzen. In seiner Praxis.
Ich wechselte darauf zum erstenmal in dreizehn Jahren den Arzt, auf anraten eines Psychologen der DEKRA.
Ich ging zu Dr. St. einem anderen Psychiater hier in Neunkirchen. Er war von dem Psychologen schon informiert. Nach einem Vorgespräch mit mir übernahm er die weitere Behandlung von mir. Bei Dr. St. machte ich auch eine ambulante Gesprächstherapie über fünfzig Sitzungen.
Hier lernte ich mich und meine große Verletzbarkeit kennen und mit meinen Gefühlen umzugehen.
Ich und Ihr habt ein Recht auf euere Gefühle, die Wertung dieser in positiv oder negativ, steht keinem Außenstehenden zu.
Mir gefällt auch nicht immer was andere Menschen tun. Auch bei vielen psychisch Kranken nicht, die zum Beispiel fast immer mit einem Elternteil anzutreffen sind.
In meinem Bekanntenkreis habe ich so einen Fall. Der Mann tut mir in der Seele leid, aber er schafft es nicht sich von seiner Mutter zu lösen, die ihn behandelt wie einen kleinen Jungen. In einem Gespräch äußerte ich einmal zu diesem Pärchen, das die Mama wahrscheinlich kränker ist, als ihr Sohn.
Bis dahin wusste ich nicht was der Begriff Furie wirklich bedeutet.

Mein eigner Umgang mit dieser Erkrankung war schon zu meiner Klinikzeit offen. Ich machte kein Geheimnis daraus das ich auf dem Sonnenberg war. Meine Tante und meine anderen Verwanden sahen diese Offenheit mit Skepsis. Wahrscheinlich mehr Scham. „Das brauchst du doch nicht jedem zu erzählen“

Mein frührer Freundeskreis reagierte verhalten bis heimtückig, mir selbst ins Gesicht wurde nichts gesagt, aber hintenrum um so mehr.
Ich hörte auch oft von Menschen. „ Wir haben auch jemand im Umfeld, der hatte einmal Depressionen.
Ich will Depressionen nicht verharmlosen, aber der Begriff ist gesellschaftlich anerkannt.
Obwohl Depressionen zu den Psychosen des schizophrenen Formenkreises gehören.
Das Kind braucht einen Namen, Begriffe und Bezeichnungen spielen eine große gesellschaftliche Rolle
Psychose als Krankheitsbegriff ist nicht so abwertend gedacht, wie das was nicht nur Gesunde sondern vielmehr Erkrankte daraus machen.
In fast der ganzen Selbsthilfe Literatur lese ich immer wieder wie negativ dieser Begriff besetz ist bei Psychiatrie Erfahrenen.
Diesen Begriff höre ich persönlich gar nicht gerne, er klingt für meine Ohren einfach nur blöd.
Wenn ich an der Galle erkrankt bin, bin ich nicht Internistisch Erfahrener u.s.w.
Ich möchte niemand zu nahe treten, nur meine ganz persönliche Meinung über diese Bezeichnung.
Ich persönlich bin zur Zeit meiner Psychotherapie dazu über gegangen meine Erkrankung als psychologischen Ausnahme Zustand zu bezeichnen.

Ich hörte auch schon, dass ich gar keine Psychose hatte, nicht von Ärzten, Nein von Psychiatrie Erfahrenen.
Sie können nicht glauben das ich nur einen Schub hatte, vor neunzehn Jahren, „Das war keine Psychose, ich habe schon viermal einen Schub und war drüben in der Klinik“, hörte ich von Betroffenen im Gespräch im Cafe Theodor.

Intoleranz gibt es nicht nur unter Gesunden, sondern Überall, ich bin auch nicht frei davon.
Lange Zeit stand meine Psychose Erfahrung im Mittelpunkt meines Lebens, die Erkrankung veränderte mein Leben total.
Was mir vorher wichtig erschien, wurde nebensächlich. Grenzen die ich mir selbst auferlegte lösten sich auf, nicht zuletzt durch meine Therapie.
Wenn mir heute was auf der Seele brennt spreche ich darüber, ich fresse nichts mehr in mich hinein. Zuerst ich dann kommen andere, in meinem Leben.
„Egoist“
Nein das bin ich nicht. Aber es heißt, Liebe Deinen Nächsten wie die selbst, wie sollte ich mich selbst lieben, wenn ich mich selbst schlecht behandeln würde. Deshalb denke ich zuerst an mich selbst.
„ Kein Wunder das du keine Partnerin findest“, Irrtum ich lebe seit sieben Jahre in einer festen Partnerschaft, mit einer gleich alten Frau, aber in getrennten Wohnungen. Und das funktioniert prima.
Ich nehme mir auch heute ab und an eine Auszeit, ich brauche diese Momente für mich selbst. Gehe spazieren, lese, höre Musik, oder schreibe Berichte wie diesen.
Auch das Schreiben wurde zu einem wichtigen Punkt für mich. 1987 brachte ich auf über dreißig handbeschriebnen DIN A4 Seiten, meine Gefühle zu Papier , was Stephanie und meinen frühren Freundeskreis betraf. Das ganze steckte ich in einem Umschlag und sendete diesen an Walter. Eine Antwort darauf bekam ich damals nicht.
Stephanie sah ich das erstemal 1998 wieder. Sie arbeitete als Putzfrau in einer psychiatrischen Klink, die 1993 hier in Neunkirchen im Fliednerkrankenhaus eröffnet wurde.
Ich war einen Bekannten besuchen, als ich Lust auf einen Kaffee bekam und in die Cafeteria ging. Draußen auf der Terrasse sah ich Steffi sie machte Pause mit einer Kollegin . Ich ging raus zu ihr.
„ Erkennst du mich noch?“ sprach ich sie an. „ Ja Michael“ antwortete sie mit gefasster Stimme

Mehr Worte wechselten wir beide nicht. Wochen später, trafen wir uns durch Zufall wieder in dieser Cafeteria. Diesmal sprachen wir mehr miteinander. Aber bis heute nie über unsere frühere Beziehung im nur Allgemeine Themen.
Ich brauch auch nicht mit ihr darüber zu reden, das habe ich mit mir selbst abgemacht.. Loslassen heißt die Devise, in Liebe loslassen.